Damit deine Geschichte deine Leser*innen überzeugt, braucht dein*e Protagonist*in ein Ziel. Ohne ein Ziel plätschert die Geschichte oft eher vor sich hin – da kann der Schreibstil noch so fesselnd sein, die Dialoge noch so witzig und auch die Themen deiner Geschichte noch so wichtig. Jede Figur braucht ein Ziel, eine Motivation, die sie vorantreibt – ein Zustand, der angestrebt und im Idealfall am Romanende erreicht wird. Stell dir doch einmal die Frage: Was möchte deine Hauptfigur?
Nehmen wir Throne of Glass von Sarah J. Maas als Beispiel (Achtung, es folgen Spoiler). In dieser Reihe begegnen Leser*innen einer Vielzahl an Figuren, die zum Teil auch eigene Perspektivkapitel mit Nebenhandlungen erhalten. Die Protagonistin Aelin reist durch zahlreiche Gebiete des Kontinents, sodass Leser*innen sich an gefährliche Küsten, magische Wälder und märchenhafte Schlösser träumen können. Hinzu kommen Magie und hierarchische Strukturen, die die fiktive Welt formen.
Dennoch steht Aelin im Mittelpunkt der Geschichte. Leser*innen verfolgen ihren Weg, begegnen ihr zunächst als verurteilte Assassinin, nur um herauszufinden, dass ihr eigentliches Ziel ein viel größeres ist und die Autorin von Band 1 an mit Hinweisen und Figuren auf dieses hinarbeitet. Sämtliche Handlungspunkte werden von diesem Ziel geleitet und treiben die Geschichte voran.
Dies kann man auch bei Aelin beobachten. Sie ist zu Beginn eine schwache und gebrochene Frau, bekommt durch die Wettbewerbe am Hof jedoch die Möglichkeit, sich ihr Leben zurückzuholen und sich ihrem Feind zu nähern. Bestimmte Ereignissen sorgen zudem dafür, dass sie ihre wahre Identität akzeptiert und nicht länger unterdrückt. Während ihrer Reise muss sie lernen, ihre Kräfte zu kontrollieren, und trifft Figuren, die ihr dabei helfen.
Mit den Nebenfiguren kommt eine interessante Komponente hinzu, da Aelin nicht länger als Einzelkämpferin denkt und andere Figuren in Sicherheit wissen will. Das wirkt sich auf ihr Handeln aus. Wie weit ist Aelin bereit zu gehen, um das zu bekommen, was sie möchte? Welche Opfer ist sie bereit zu bringen? Wo liegen ihre Leidenschaften und Wünsche? Die Erkenntnisse, die die Heldin während ihrer Reise über sich selbst gewinnt, motivieren sie einerseits noch stärker, ihr Ziel zu erreichen, und tragen andererseits zu einer facettenreichen Charakterentwicklung bei.
Darauf aufbauend definiert ein konkretes Ziel auch überzeugende innere und äußere Konflikte. Da sich dein*e Protagonist*in über die eigenen Wünsche bewusst ist, kann klar kategorisiert werden, welche Figuren, Kräfte, Gegenstände oder Gedanken mit dem Ziel im Konflikt stehen.
So nimmt auch Aelin keinen geraden Weg, der sie ans Ziel führt: Sie muss sich mit ihren inneren Konflikten (bspw. Ungeduld, Eitelkeit) und mit ihrer Identität auseinandersetzen; sie hat mit Maeve, Erawan und dem König von Adarlan Feinde, die sich ihr in den Weg stellen; und sie muss die Bevölkerung eines Landes überzeugen, sie als wahre Erbin anzuerkennen. Da all diese Konflikte mit ihrem großen Ziel in Verbindung stehen, sind sie überzeugend und tragen die Geschichte. Gleichzeitig stellt sich Leser*innen die Frage, ob das Ziel mit derart zahlreichen und vielfältigen Konflikten überhaupt erreicht werden kann. Sie fiebern also mit!